Abstecher nach Barcelona

Eintracht Frankfurt zu Gast beim FC Barcelona (Europa League Viertelfinale 2022)

Unser Wecker klingelt früh an diesem Morgen. Müsste er aber nicht, denn wir sind schon lange wach. Die Aufregung… und Vorfreude.

Mit Bus, ohne Bahn, und Flugzeug geht’s nach Barcelona zum Viertelfinale im Camp Nou.

„Jahrhundertspiel“ wurde es zumindest vorab oft genannt. Mal sehen, ob sich die großen Erwartungen erfüllen.

Wir laufen zum Busbahnhof in Conil, 9:35 Uhr geplante Abfahrt. Doch der Bus ist noch nicht da. Dafür aber viele Touristen, die einen Tagesausflug nach Sevilla geplant haben. Die Plätze im Bus könnten also knapp werden, genauso wie die Zeit zu unserer 1. Zwischenstation, den Prado San Sebastián in Sevilla. Sevilla, tolle Stadt. Doch keine Zeit für Sightseeing. Vom Busbahnhof aus geht es direkt mit dem Taxi zum Flughafen und dann schnellstmöglich mit dem Flieger gen Barcelona. So der Plan.

Der Bus aus Conil nach Sevilla braucht laut Fahrplan 1,5 Stunden. Mas o menos versteht sich. In Chiclana fahren wir eine gefühlte Ewigkeit hinter einem Mofa-Roller her. Die Straße erlaubt erst spät ein Überholmanöver, welches der Mofafahrer gestikulierend in Kauf nimmt. 12:00 Ankunft am Prado, sofort ins Taxi. Ja, wir rennen. Gerade am Flughafen angekommen folgt die ernüchternde Nachricht auf dem Mobile-Phone: „Your flight has a delay because of operational reasons.“ Zwei einhalb Stunden. Die ganze perfekte Planung dahin. Statt just-in-time zum Anglühen auf der Rambla nun Frust und Bangen, ob es wenigstens bei den zwei Stunden und ebbes bleibt. Die Stimmung trübt sich etwas. Die Verspätung kostet uns wertvolle Zeit in Barcelona. Zum verrückt werden. Statt bei strahlendem Sonnenschein 30.000 weissen Adlerträgern beim Feiern zuzuschauen, betrachten wir den strahlend blauen Himmel über Sevilla – durch die Glasscheibe des Flughafengebäudes. Vielleicht hätten wir doch einfach am Playa de la Fontanilla in Conil bleiben sollen.

Nach einer gefühlten, nutzlosen Ewigkeit ein Lebenszeichen der Fluggesellschaft Vueling. Sie habe nun die Probleme behoben und starten mit dem Boarding ab 14:35. Zu spät. Aber hauptsache irgendwann geht’s endlich los, nach Barcelona. Zum Jahrhundertspiel.

Der Flug ist voll ausgebucht. Ich möchte nicht behaupten, dass wir die einzigen weiss gekleideten Passagiere sind, aber die einzigen Frankfurter, die ungleich ungeduldiger auf die chaotische Unordnung der Billig-Airline reagieren. Wir üben uns in Gelassenheit. Wie gesagt, wir üben.

17:28 nach weiteren quälenden Wartezeiten, der Fahrt im Shuttlebus am Flughafen Barcelona und dem zügigen Verlassen des Flughafengebäudes steigen wir endlich ins Taxi ein. Der Fahrer „erkennt“ uns sofort: „ah, you are here for the match tonight. I have never seen so many German people in the City…“. Ein bisschen Smalltalk, gerne. Solange er Gas gibt.

Er fährt uns in unser Hotel, das Oceans Drive Barcelona. Wirklich cool. Ein junges, frisches und entspanntes 5-Sternehotel zentral in Barcelona. Super freundlicher Service. Aus dem Taxi heraus sehen wir noch Teile des gigantischen Fan-Marschs durch die Stadt und immer wieder die weissen Trikots von Eintracht Frankfurt.

Photo by Oceans Drive Barcelona

Ein schneller Drink an der Bar und dann laufen wir ins Stadion. Ca. eine Stunde dauert es zu Fuss durch diese schöne Stadt Barcelona ins Camp Nou. Auf den Straßen stauen sich die Taxis und Autos, es wird gehupt. Währenddessen setzen wir unseren entspannten Walk ins Stadion fort. Dabei begegnen wir immer wieder Eintracht Frankfurt Supporters, die sich ein letztes Bier vor Anpfiff gönnen. An einer Tapas Bar lernen wir Carsten und Simon kennen, die dann knapp eine Stunde später zufällig wieder neben uns im Stadion sitzen. Solche Zufälle passieren schon mal bei einem Spitzenspiel mit über 90 Tausend Zuschauern.

Am Stadion angekommen, darf man schon mal feststellen, dass Camp Nou ziemlich in die Jahre gekommen und Charme-befreit wirkt. Komme mir vor, als würde ich durch ein altes Parkhaus laufen… Kein Wunder also, dass 2024 der Umbau zur Spotify Arena ansteht. Doch das tut der Stimmung keinen Abbruch. Im Gegenteil. Unsere Tickets führen uns immer weiter aufwärts. Klar wissen wir schon, dass die Sicht zum Spielfeld rekordverdächtig weit sein wird. Doch wir sind live dabei.

Weiss wie die Unschuld hüllen sich die oberen Ränge der Gegentribüne. Darüber hinaus häufen sich die weissen Flecken überall im Stadion. Sie breiten sich aus. Das Stadion verweisst. „Wer nicht hüpft ist Offenbacher“ bringt Camp Nou in Wallung.

21:00: Spielbeginn. Ein Traumstart: Elfmeter für die Eintracht. Kostic wird ausführen. 1:0 in der 4. Minute. Unglaublich. Der Rest wird Geschichte schreiben:

„As“: „Zu Hause versenkt. Barcelona verspielte die klarste Möglichkeit, einen Titel zu gewinnen und, was noch schlimmer ist, sich für die nächste Champions League zu qualifizieren. Der Misserfolg war nicht nur sportlicher Natur, was durchaus vorkommen kann, der schwerwiegendste war die institutionelle Schande, das Barça-Stadion in ein Waldstadion verwandelt zu sehen.”

„La Gazzetta dello Sport“: „Was für ein trauriges Aus für Barça, Eintracht gelingt der Volltreffer. Die Deutschen dominieren und treffen dreimal, die Blaugrana zeigen eine Reaktion, aber es reicht nicht. In einer surrealen Nacht im Camp Nou hat die seit 15 Spielen unbesiegte Mannschaft von Xavi 2:3 verloren. Die Niederlage von Barça begann schon am Kartenschalter.“

„The Sun“: „Auba und Co. gedemütigt, als der Riese im Camp Nou gestürzt wird.“

Der Morgen danach: Karfreitag. Wir fliegen zurück nach Sevilla. Und nur für den Fall der Fälle, dass wir fürs Finale planen müssten, schauen wir uns schon mal nach einer sympathischen, authentischen Tapasbar um. Na gut, in Anbetracht der Tatsache, dass wir unseren Bus nicht verpassen wollen, bleiben wir im Radius rund um den Prado San Sebastián und entdecken ein kleine, authentische Bar:

La Huerta del Pellizco. Eine sehr einfache, günstige Tapas-Bar. Keine Touristen, ausser uns dort. Bier eiskalt. Dahin verirrt man sich vermutlich auch nicht so leicht. Und zugegeben, mit den rausgeputzten Bars zentral in Sevilla nicht vergleichbar. Doch wenn man mal in der Nähe des Busbahnhofs wäre…

Im weissen Eintracht-Trikot, dem schönsten aller Zeiten, nehmen wir unseren kleinen Snack unter den Anwohnern Sevillas zu uns, die damit die Chance haben, sich schon mal an die Farben von Eintracht Frankfurt zu gewöhnen. Vielleicht sehen wir uns ja im Mai nochmals wieder.

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